Reisetagebuch 08.04.2014

Nackt-Fotos im Pazifik (fast) - 24. Tag auf See

Switzerland ClipperRace

Heute Morgen habe ich mich für einen guten Zweck rasiert. Wir haben nämlich Nackt-Fotos gemacht (eigentlich Fast-Nackt-Fotos), und da wollte ich auch im Gesicht schön sein.

 

Ganz ausgezogen haben sich nur Vince und JM, Vince rutschte mit Klettergurt auf den Bugspriet, JM zog als „sweater“ am Mast an einem Fall. „Harry, kann man was sehen?“ rief er. Nein, war alles gut hinterm Oberschenkel versteckt. Als alle durchfotografiert und wieder angezogen waren, meinte Vicky, wir brauchen auch noch ein Gruppenfoto. Also alle wieder ausgezogen, und dann haben wir uns auf die hohe Kante gesetzt. War ziemlich frisch!

 

Wenigstens wurden wir nicht mit Gischt geduscht. Bei der Aktion war natürlich niemand ohne Schwimmweste und Sicherheitsgurt.

 

Der Spaß dient einem guten Zweck. „Switzerland“ sammelt Geld für den Verein Mercy Ships - unsere Fotos werden versteigert und der Erlös gespendet.

Mercy Ships betreibt ein Hospitalschiff, das meist an afrikanischen Küsten unterwegs ist. Ärzte aus aller Welt behandeln und operieren dort kostenlos Patienten, die ohne diese Hilfe einem kurzen, schmerzhaften oder elenden Leben entgegensehen. Auch wenn die Ärzte und Schwestern kostenlos arbeiten, der Schiffsbetrieb kostet Geld.

 

Neben der Fachliteratur, die die Wände in unserer Messe schmückt, gibt es einen Aushang, der täglich an zwei Klettbandstreifen geheftet wird – die CV24 Daily Scheds. „CV 24“ ist unser amtlicher Schiffsname, denn die Sponsorennamen wechseln ja von Rennen zu Rennen. Und daily schedules sind die Schiffsmeldungen der Konkurrenten. Wir können daran in etwa sehen, wie wir im Rennen liegen. Die heutigen „scheds“ verraten, dass wir leider immer noch nur an achter Stelle liegen, dass wir mit 36 Meilen während des Flautentages aber gegenüber „Old Pulteney“ (5. Platz, Tagesleistung 6,9 Meilen) und „Derry Londonderry“ (6. Platz, Tagesleistung 9,5 Meilen) etwas aufholen konnten. Auf Platz 7 liegt „Henri Lloyd“, über die wir heute nichts erfahren, weil sie im „stealth mode“ segeln.

 

Jedes Schiff kann sich während eines Rennens zweimal für zwölf Stunden die Tarnkappe überziehen, und ist dann für die anderen unsichtbar.“ Oder auch nicht, wie „Great Britain“, die kurz hinter Japan in den stealth mode gingen und dann für alle sichtbar wendeten und nach Süden fuhren. Entweder hatten sie ihren stealth mode nicht rechtzeitig beantragt, oder im Regattabüro hat jemand geschlafen. Manchmal sind die Schiffe auch so eng zusammen, dass man die Lichter des nächsten „Nachbarn“ sehen kann.

 

Davon kann bei uns im Moment nicht die Rede sein. Wir haben seit einem kleinen Match Race mit Henri Lloyd an Japans Südostküste keinen Clipper mehr zu Gesicht bekommen. Das ist jetzt drei Wochen her. Aber in drei Tagen werden wir sie alle in San Francisco wiedersehen. Und ich freue mich, die Gesichter meiner Lieben wiederzusehen, auch wenn’s nur auf Skype ist.

 

Im Moment hackt das Schiff so in die Wellen, dass ich mich dauernd vertippe. Das Wetter hat noch einmal alles für uns im Programm.

Round-the-Worlder Ralph, der aus Dänemark stammt und in Kalifornien zu Hause ist, steht mir gegenüber und wäscht ab. Das ist ein noch mühseligeres Geschäft als das Schreiben, weil es auf den Rücken geht, da er im 30-Grad-Winkel vornübergebeugt stehen muss.

Und vor San Francisco lauert noch ein Hoch mit ausgedehnten Flauten...

 

Harry und die Switzerland befanden sich am 8. April ebenfalls im Unsichtbarkeits-Modus, dem stealth mode, sind nun im Race Tracker aber wieder mit aktueller Position sichtbar. Leider unverändert auf dem achten Platz - trotz Tarnkappe.

 

Hier geht's zum vorherigen Artikel.